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Unternehmerinnen in der Krise: wie sie Corona trotzen

Seit gestern sitzen wir ihn eben wieder aus, den „Lockdown Light”. In Deutschland greifen die neuen Corona-Maßnahmen, Restaurants und Bars sowie alle Einrichtungen für die Freizeitgestaltung (z.B. Theater, Kinos, Schwimmbäder oder Fitnessstudios) bleiben bis Ende November geschlossen. Schulen und Kitas dürfen geöffnet bleiben. Mit diesen drastischen Einschränkungen versucht die Bundesregierung, die Corona-Pandemie einzudämmen. Die neuen Regeln bringen für die meisten von uns wieder Verzicht mit- für einige aber weitaus mehr, nämlich eine Bedrohung für ihre Existenz. Unternehmerinnen in der Krise: Vier Frauen aus unterschiedlichen Branchen haben uns erzählt, mit welchen Maßnahmen sie dem 2. Lockdown begegnen.

Unternehmerinnen in der Krise

Sabine Stephan hat sich erst im vergangenen Jahr ihren Traum vom eigenen Café erfüllt: im September 2019 eröffnete sie das Oh Mother in Schwäbisch Gmünd. Beim ersten Lockdown im Frühjahr diesen Jahres reagierte sie mit To-Go Angeboten, um den Laden zu retten.

Sabine Stephan (Foto: Oh Mother)

Auf den zweiten Lockdown hatte sie sich schon in den letzten Wochen und Monaten zusammen mit ihrem Team vorbereitet:  “Da uns im November 75-80 % des Umsatzes wegbrechen werden, haben wir uns Alternativen zum reinen Café-Betrieb geschaffen”, sagt Sabine. “Ein Teil unseres Lockdown Angebotes werden unsere Oh Mother Frühstücksboxen sein. Eigens angefertigte Holzboxen werden auf Bestellung mit einem leckeren Frühstück bestückt- á la carte oder ganz individuell.”

“Wir haben den Plan B- und C und D!”

“Außerdem werden wir wieder mit einem Straßenverkauf für unsere Kunden da sein und einen Lieferservice für den Gmünder Stadtbereich anbieten.” Sabine gehen die Ideen noch lange nicht aus: sogar Online- Backworkshops kann sie sich vorstellen. “Durch die große Nachfrage arbeiten wir grade an einem entsprechenden Konzept- so könnten wir dann zum Beispiel per Videochat zusammen mit unserer Community Bananenbrot backen. Mit unseren Kunden ist alles möglich, das macht uns wirklich sehr dankbar. Auch, dass ich mich auf mein Team so verlassen kann, ist eine enorme Erleichterung.” 

Fotografie: Fokus von Hochzeit auf Babys

Sarah Baumgartner von One Two Tree Photography ist ebenfalls ein Neuling in der Selbstständigkeit: seit drei Monaten verdient sie ihren Lebensunterhalt ausschließlich mit der Kamera. Durch den zweiten Lockdown sind bei der Ingolstädterin ca. 25% des Jahresumsatzes in Gefahr bzw. bereits weggefallen.

Sarah Baumgartner (Foto: Lena Kreis)

Vor allem fehlen Sarah die Hochzeiten, die vom Frühjahr in den November verschoben wurden, und die jetzt doch wieder gecancelt werden müssen. Deshalb muss sie umschwenken: “Durch den ersten Lockdown gibt es einen Babyboom, der sich auch bei meinen Buchungen bemerkbar macht. Aus diesem Grund werde ich mich in den kommenden Wochen und Monaten mehr auf Baby- und Familienshootings spezialisieren und auch mein Marketing in diese Richtung überarbeiten. Ein weiterer Lockdown mit der Verschiebung von Hochzeiten wäre für mich allerdings finanziell nicht mehr auffangbar.” Unterstützung holt sich Sarah als Neugründerin bei einer Psychologin, die sie bei ihrem Weg durch die Krise begleiten soll.

Onlineauftritt statt Töpferkurs

Alexa Voigtlaender von Hantwerck ist seit vielen Jahren erfolgreich im Geschäft. Sie verkauft selbst entworfenes und getöpfertes Geschirr und Deko-Elemente. Ihr fehlt im Moment ungefähr ein Viertel des Umsatzes, nämlich der Bereich, den sie sonst mit ihren Töpferkursen erwirtschaftet.

Alexa Voigtlaender (Foto: Petra Homeier)

Da es für das Töpfern keine Option wie Onlinekurse gibt, hat sie jetzt in ihren Auftritt investiert: “Ich habe viel Liebe, Zeit und Geld in die Hand genommen und habe meine Homepage inklusive Onlineshop komplett erneuert”, so Alexa. “Ansonsten mache ich meine Auftragsarbeiten fertig, fülle den Laden auf und bediene den Onlineshop weiter. Und nicht zu vergessen: Ruhe bewahren!“ Gerade in der Krise ist Alexa froh, Teil des Regensburger Vereines Womempower zu sein: Mentale Unterstützung, unternehmerischer Rat, praktische Hilfestellung, … wir supporten uns gegenseitig. Das ist sehr wertvoll und macht ein gutes Bauchgefühl.”

Freelancerin statt Festanstellung

Kerstin Zoch aus Augsburg war bis vergangene Woche im Öffentlichen Dienst angestellt, als Leitung der Öffentlichkeitsarbeit und Pressesprecherin. Ihr Umgang mit dem erneuten Lockdown ist der wohl drastischste: “Ich habe meinen heiß geliebten  Job mit Führungsverantwortung und viel Gestaltungsspielraum aufgrund von Corona aufgegeben.”

Kerstin Zoch (Foto: Julia Pietsch)

Warum die Mutter von zwei Kindern (6 und 11 Jahre alt) diesen Schritt gegangen ist? Rückblick: Während der ersten Coronawelle arbeitet Kerstin teilweise bis zu 8o Wochenstunden im Büro, da sie für die Kommunikation in Sachen Coronamanagement verantwortlich ist. On Top muss sie sich darum kümmern, dass die Kids betreut sind. Spätestens, als das Homeschooling dazu kommt, kommt sie ins Schleudern. Außerdem muss sie ihrem Mann den Rücken frei halten, der eine Physiopraxis mit zehn Angestellten hat. Heute sagt sie: “Corona hat mich gezwungen, mein Leben zu überdenken, zu reflektieren und auch Einiges in Frage zu stellen.“

Was kann ich leisten- und möchte ich das überhaupt?

“Ich funktioniere beruflich super unter Druck, aber den Tribut zahle ich und auch meine Familie ein paar Monate später, weil ich daheim nur noch eine erschöpfte Hülle meiner Selbst bin.”  Deshalb fällt Kerstin eine Entscheidung- und kündigt. Stattdessen geht sie in eine freie Beratertätigkeit. „Klar, uns fehlt jetzt ein Großteil meines Gehalts. Ich möchte jetzt aber einfach für meine Familie da sein. Glückliche Kinder, ein ausgeglichener Mann und das Ankurbeln meiner Freiberuflichkeit- das ist mein Fokus.“ (Anmerkung der Redaktion: wer also im Raum Augsburg auf der Suche nach einer Expertin in Sachen Öffentlichkeitsarbeit, Marketing & Kommunikation ist: einfach hier vorbeischauen.) 😉

Fazit

Egal in welcher Branche- die meisten von uns müssen jetzt wieder kreativ werden. So unterschiedlich die vier Frauen reagieren, einige Dinge können wir uns aus ihren Geschichten mitnehmen:

  1. Niemand von uns sollte den Weg durch die Krise alleine gehen. Ein Team, eine Community,  Unterstützung von Außen ist Gold wert, gerade, wenn es nicht rund läuft. Austausch kurbelt die Kreativität an, neue Ideen können entstehen.
  2. Kommunikation ist alles. Egal ob mit dem Chef, der Freundin, der Kollegin oder der Familie.
  3. Ruhepausen und Reflektion sollten wir uns alle gönnen. Immer wieder.
  4. Jeder Mensch sollte den Weg gehen, der ihm gut tut. Den einen richtigen gibt es nicht. Und die Pandemie wird nicht für immer bleiben- danach werden die Weichen wieder neu gestellt.

VIEL KRAFT FÜR EUCH!