PUH. Wo fang ich an? Also, eigentlich wollte ich ab heute ganz offiziell Bücher auf hey sister rezensieren- und jetzt möchte ich doch lieber anonym bleiben. Denn es ist das passiert, was ein Buch bewirken kann (und im Idealfall auch soll): es hat sich etwas verändert. Es arbeitet in mir. Das Buch, um das es geht ist “8 Gespräche, die jedes Paar führen sollte” von John M. Gottman und seiner Frau Julie Schwartz Gottman, gerade im Ullstein Verlag erschienen. Ich war Feuer und Flamme- denn die Gottmans sind Koryphäen! Den letzten Ratgeber hatte ich 2014 verschlungen: “Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe”. Ich war damals selbst erst zwei Jahre verheiratet und ich habe das Buch geliebt. Jetzt, 8 Jahre später, kommt also der neue Bestseller der beiden Beziehungsexperten und natürlich musste ich ihn lesen. Doch was ich dann festgestellt habe, war ernüchternd.
Die Dinge haben sich geändert
Ich habe dieses Buch an zwei Tagen aufgesaugt- mit dem festen Bestreben, etwas für mich und meine Ehe mitzunehmen. Denn die letzten beiden Jahre mit Corona haben Spuren hinterlassen. Nicht nur in meiner Seele und meinem Nervenkostüm, sondern auch in meiner Ehe. Wir sind seit 12 Jahren ein Paar und seit 10 verheiratet. Wir haben zwei tolle Kinder. Und doch hat sich in den vergangenen Monaten das Gefühl eingeschlichen, nur noch eine Versorgungseinheit für den Nachwuchs zu sein. Zeit für uns? Im Lockdown quasi unmöglich. Nach mehrmaliger Corona Erkrankung bei allen Familienmitgliedern, Homeschooling, geschlossener Kita und Home Office sind Akkus einfach leer. Wir haben keine Kraft, die Paarbeziehung zu stärken. Denn wir funktionieren.
Ausweg verzweifelt gesucht- oder?
Ich habe also dieses Buch gelesen, um vielleicht einen Ansatz zu finden, wie wir uns wieder näher kommen können. Das Gute ist: John Gottman hat eine sehr hohe Meinung von der Paarbeziehung. Für ihn ist es (eigentlich) keine Option, aufzugeben- Beziehung ist Arbeit und Verständnis, Kompromiss und Respekt. Das ist gut. Doch schon bei der ersten Aufgabe, die man im Buch bekommt, wusste ich- Shit. Ich habe mir etwas vorgemacht. Eventuell haben wir zu lange gewartet, um das hier wieder hinzukriegen. Die Voraussetzung für eine gelungene Paarbeziehung und eine stimmige Kommunikation ist laut Gottman nämlich, sich mindestens einmal die Woche (besser aber öfter) ein Date einzuräumen.
Ein fixes Date für uns
Damit meint er nicht, nebeneinander fernzusehen. Er meint damit, sich ganz bewusst eine Stunde Zeit zu nehmen. Sich in Stille gegenüber zu sitzen und zu fragen: “Hey mein Schatz! Wie geht es Dir? Was fühlst Du?” Und schon an dieser Stelle stellte ich fest: wir haben das lange nicht gemacht. Monate? JAHRE? Wir fielen ins Bett, viel zu oft. Wir guckten in unsere Handys, statt zu fragen, wie es dem bzw. der Anderen geht. Wir waren so sicher, dass wir uns blind verstehen. Dass wir total gut miteinander reden können. Und dass sich daran nichts ändern würde, wenn wir mal eine Zeit lang drauf verzichten. Das war leider falsch.
Uns fehlen die Worte
Im Buch wird dieses Date vorausgesetzt und in dieser Zeit kann man sich dann verschiedene Themen vornehmen. Es geht um Vertrauen, Konflikte, Sex, Geld, Familie, Spaß, Spiritualität und Träume. Und ja, es sind wirklich wunderbare Anregungen und Fragen. Doch ich weiß nicht, wann oder ob wir diese Gespräche führen werden. Denn wir gestehen einander nicht einmal die Zeit zu, eine Stunde in der Woche allein miteinander zu sein. Wir sind beide so in unserem Schmerz über diese beschissene Phase verhaftet, dass nichts Platz hat. Klingt das blöd? Ich befürchte es. Und ich bin ja auch genauso schuld wie er. Die Frage ist: können wir das wieder lernen? Wieder miteinander zu reden wie früher? Nächtelang? Uns so nah fühlen? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es so nicht weitergeht. Das Buch allerdings kann ich nur empfehlen: denn ohne es könnte sich jetzt nichts ändern.
Anonym.
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