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Kryptonit Menschen: die ewig unerfüllte Liebe

Ich nannte es bisher “Geister-Liebe”, heute weiß ich: Personen, von denen man partout nicht lassen kann, nennt man auch „Kryptonit Menschen“. Der Begriff kommt aus der Comicwelt: so wie Superman seinem Kryptonit nicht zu nahe kommen darf, ist auch die Beziehung zu einem Kryptonit Menschen beschränkt auf eine Schwärmerei aus der Ferne. Kurioserweise zieht sich das ganze Spiel oft über mehrere Jahre. Und: diese Art der “Beziehung” bringt uns genauso durcheinander wie eine reale Verbindung. Wenn nicht noch mehr… Und auch ich habe diese unerfüllte Liebe erlebt- mit Paul.

Mein Kryptonit Mensch: Paul

Paul lernte ich vor fast 15 Jahren auf einem seiner Konzerte kennen. Es hatte irgendwie gefunkt, wir tanzten, tranken und zogen bis morgens um 6 um die Häuser. Ich stand auf ihn, keine Frage. Aber er hatte eine Freundin und wollte endlich mal treu sein, also lief nichts. In den folgenden Monaten hatten wir immer wieder Kontakt: erst über Email (Paul hatte meinen Arbeitgeber ergoogelt), dann via Telefon, Whatsapp, Facebook. Wir hatten beide wechselnde Partner, doch in den stillen Momenten schrieben wir uns.

Und doch: Wir waren nie ganz überzeugt vom Anderen, aber wir spürten beide diese Verbindung, eine Verbundenheit der Seelen. Vor fünf Jahren bekam ich dann meine Tochter und er gratulierte mir über die sozialen Medien, sagte mir, er würde mich jetzt in Ruhe lassen. Er wünsche mir nur das Allerbeste, sei froh, dass ich endlich angekommen sei. Die nächsten zwei Jahre herrschte Funkpause.

Und doch war Paul in meinem Kopf

Irgendwann sah ich auf Facebook, dass auch er mittlerweile Vater geworden war. Ich freute mich, ihn glücklich zu sehen, dennoch blieb ein schmerzhaftes Gefühl. Das hätte unser Kind sein können. Absurd, denn in all den Jahren war NIE etwas gelaufen. Trotzdem war ich eifersüchtig.

Nach der Trennung vom Vater meines Kindes nahm Paul wieder Kontakt auf. Er war zwar noch in seiner Beziehung, aber zutiefst unglücklich. Wir trafen uns. Und wieder das alte Spiel: es lief nichts, aber dieses unsichtbare Band zwischen uns war so präsent, dass es mir Herzschmerzen bereitete. Und das Leben ging weiter. Denn er war wieder Papa geworden, im Rausch, wie er sagte. Ich musste ihn endlich abhaken. Scheiss Kryptonit! 

Das Kuriose: unsere Verbundenheit war so stark wie noch nie. Wieder besuchte er mich. Wir küssten uns, zum ersten Mal und wie Kinder. Wir telefonierten täglich, über Wochen. Erzählten uns von Affären und lieblosen Dates. Zwei Dumme, die Angst hatten, es auch noch MITeinander zu versauen. Dann: wieder Funkstille. Wir mussten unser Leben sortieren, endlich erwachsen werden. Paul trennte sich schließlich von der Mutter seiner Kinder, war völlig durch den Wind. Ich konnte ihm nicht helfen, wusste, dass das auch wieder nicht der richtige Zeitpunkt war, um sich ihm zu nähern.

Ich wollte auch gar nicht mehr. Ich wollte endlich Sicherheit, Stabilität. Kurz: ich blockierte ihn wieder (mittlerweile sicher zum 15. Mal) auf allen Kanälen. Dann vor einigen Wochen: eine Nachricht von Ihm auf Instagram. “Ich hab von Dir geträumt. Wie geht es Dir?”

Wieso fällt es uns so schwer, Kryptonit -Menschen loszulassen?

Warum ist es so schwer, dieses “Was wäre wenn” zu streichen und zu ersetzen mit “Es IST aber nichts!”. Was treibt zwei junge Menschen, die beide nicht unbedingt auf den Kopf gefallen sind, zu so einer verzweifelten “Liebe”? Es ist ja doch keine Liebe. Es ist wie ein Magnet. Zwei gestörte Seelen, die sich anziehen. Dieses Band, das man nicht erklären kann.

Oder wollen wir nur das, was wir nicht haben können?! Sind wir einfach nur verwöhnte Gören, die sich alle Türen offen halten wollen? Ist es vielleicht nur eine körperliche Anziehung, die uns die Sinne vernebelt?