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Kinder? Nein Danke.

Gastbeitrag – Die Mutterschaft ist die heilige Kuh der Gesellschaft. Das ist keine steile These, sondern Fakt. Und wer einen anderen Weg einschlagen möchte, wird ignoriert. Als kinderlose Frau bekommt man zum Beispiel nur sehr schwer eine Sterilisation. Abtreibungen werden vermehrt erschwert, nicht nur in Deutschland. In Polen und vielen amerikanischen Bundesstaaten sind sie sogar komplett verboten. Das Ergebnis: der Abbruch findet dann illegal statt und bringt die Frauen in Gefahr. Ich kenne das noch aus Rumänien: die Waisenhäuser waren voller Kinder, die ihr Dasein unter unmenschlichen Bedingungen fristeten. Auch ich war ein unerwünschtes Kind, was mich meine Eltern jeden Tag spüren ließen. Ich hatte ihr Leben versaut. Aber Frau braucht keine schreckliche Kindheit gehabt zu haben, um sich bewusst gegen eigene Kinder zu entscheiden.

Kinder? Nein danke.

Autorin Paula Deme

Ich bin 36 Jahre alt und Kinderfrei. Auch mein gesamtes Umfeld, bis auf eine Bekannte, ist Kinderfrei. Das sind alles Frauen in meinem Alter oder älter. Und entgegen der weitverbreiteten Meinung, sind wir kinderfreien Frauen sehr glücklich. Kein “Ach, hätte ich mal lieber Kinder bekommen.” sondern “Yeah, Freiheit, Selbstbestimmung, Ruhe und finanzielle Stabilität.” Denn Kinder sind teuer, Kinder berauben dich deiner Selbstbestimmung und deiner Freiheit. Keine spontanen Urlaube mehr, keine spontanen Shoppingtouren, keine längeren Trips ins Ausland oder einfach nur Ausschlafen am Wochenende. Kinder nehmen viel Platz im Leben ein. Platz, den ich und Andere nicht schaffen wollen für einen anderen Menschen. Auch wenn er einem doch so viel zurück gibt.

Mutterschaft ist harte Arbeit

Das weiß ich als Erzieherin am Besten. Ich arbeite seit 20 Jahren mit Kindern unterschiedlichen Alters, von neugeboren bis Pubertät. Ich war mit Familien im Urlaub und weiß genau, warum ich das alles nicht möchte. Für dieses “viel zurück geben” rauben Kinder einem den Schlaf, die Nerven und die Haare vom Kopf. Nein, danke. Ich weiß, dass viele Frauen die Mutterschaft idealisieren- und wenn das Kind dann da ist, fallen sie aus allen Wolken. Mutterschaft ist nicht DIE alleinige Erfüllung eines Frauenlebens, auch wenn uns Frauen das oft eingeredet wird. Es ist harte Arbeit. Und es bedeutet viele Entbehrungen. Wenn wir Pech haben, enden wir verarmt und alleinerziehend. Die doppelte Belastung Beruf und Familie erdrückt viele Frauen, das stemmt sich nicht mal nebenbei. Denn auch mit Partner ist der meiste Mental Load bei den Frauen.

#childfreebychoice – kein Trend, sondern eine Lebenseinstellung.

Ganz schön egoistisch?

Viele nennen mich und meine Freundinnen egoistisch: wir würden uns auf dem Rücken der Jugend im Alter durchschmarotzen. Denn “Wer zahlt im Alter deine Rente?” Doch nun mal Butter bei die Fische: wer wird denn am höchsten besteuert? Die Singlemenschen, ohne Kinder. Also ist diese Behauptung des Schmarotzens im Alter unhaltbar und unangebracht. Familien werden entlastet und wer zahlt dafür? Wir alle. Es ist ein Geben und ein Nehmen. Ich zahle heute für die Sachen, die ich als Kinderlose nie nutzen werde und im Alter zahlen die Jungen, so wie wir das heute machen, in die Pensionskassen. Außerdem sichern wir uns auch privat ab, denn wer glaubt, das da noch viel im Topf ist, wenn sie oder er alt ist, der irrt.

Unerfüllter Kinderwunsch

Einige Frauen in meinem Umfeld haben sich auch Kinder gewünscht, es hat aber nicht sein sollen. Andere wollten Kinder und haben nun festgestellt, dass sie lieber doch keine Kinder bekommen wollen. Weil sie sich nicht vorstellen können, zu verzichten. Aber auch, weil die Welt bereits genug Kinder hat, um die sich niemand kümmert. Wir genießen unser Leben, unsere Freiheit. Und es ist ungemein schön, frei zu sein, unabhängig, selbst bestimmt. Was wir im Alter machen? Reisen, uns ehrenamtlich engagieren, Kaffee trinken, ach, das Leben hält auch ohne Kinder so viel noch für uns bereit. Ich möchte z.B. in ein warmes Land auswandern, in einem thailändischen Kloster meditieren, Kurse und Workshops rund um das Thema Selbstbestimmtes Leben geben. Der Irrglaube, frau würde nichts mit dem Leben anzufangen wissen im Alter– lasst bitte von ihm ab. Geht mal in ein Altersheim und fragt die Menschen dort, wie oft ihre Kinder und Enkelkinder zu Besuch kommen. Einsamkeit im Alter ist keine Frage, ob frau Kinder hatte oder nicht.

Kinder bekommen ist kein selbstloser Akt

Und dann komme ich zu der Frage: Ist es denn nicht egoistisch, sich fortzupflanzen? Ist Kinderbekommen ein selbstloser Akt? Nein. Nicht nur ich beobachte Kinder, die die Träume der Eltern aufgestülpt bekommen. Ein Vater füllte mal in der Kita den Steckbrief seiner 2-jährigen Tochter aus. Unter “Was ich mal später werden will” stand «Tennisprofi» Der Vater spielte regelmäßig Tennis, das Kind konnte motorisch nicht mal einen Stift richtig halten, geschweige denn einen Tennisschläger. Aber auch ohne die eigenen Träume durch das Kind realisieren zu wollen, ist Fortpflanzung ein rein egoistischer Akt. Frau will Mutter werden, Mann will Vater werden. Zusammen möchten Mann und Frau verschmelzen, ihre Liebe krönen. Wenn ich als Frau äußere, dass ich keine Kinder will, fragen die Leute oft, ob ich denn Kinder nicht gern habe. Wenn ich ihnen dann sage, dass ich seit 20 Jahren beruflich mit ihnen zu tun habe, sprechen mir manche die Eignung für meinen Beruf ab. Und sicherlich ist auch jeder Tierarzt nicht geeignet für seinen Beruf, weil er nicht auf dem Bauernhof lebt. Ironie off.

Lasst uns bitte Frauen normalisieren, die einfach keine Mutter sein wollen, aber Kinder trotzdem gern haben können. Lasst uns akzeptieren, dass Mutterschaft eine Option ist.

EINE Option von sehr vielen, um im Leben glücklich zu werden.

Paula Deme

Über die Gastautorin:
Paula Deme startete 2015 mit dem Bloggen auf was man so nicht sagen darf. Was als Ventil für ihre Wut auf gesellschaftliche Erwartungen begonnen hatte, half vielen Leserinnen. Die überzeugte Feministin und Aktivistin ist mittlerweile Integral Coach und möchte Frauen auf ihrem Weg begleiten- in das Leben, das sie sich wünschen.