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“Die Kinder brauchen jetzt unsere Unterstützung”- Familienhelfer David Raffalt

“Wann wird alles wieder normal, Mama?” fragt mich meine Tochter erst gestern wieder. Mit normal meint sie: wie vor Corona. Innerlich zucke ich zusammen- das wüsste ich schließlich selbst gern. Äußerlich versuche ich, cool zu bleiben, nehme sie fest in den Arm: “Ich weiß es nicht, mein Schatz. Ich hab auch keine Lust mehr. Aber die Hauptsache ist, wir halten zusammen.” Was ich nicht leugnen kann: ich mache mir Sorgen. In den letzten Wochen häufen sich Vorfälle in ihrer Schule. Themen wie Vernachlässigung, Überforderung und Aggressionen kommen auf. Das kann auch Dave bestätigen. David (Dave) Raffalt arbeitet seit einigen Jahren als Streetworker bei der Caritas in Neuburg an der Donau. Für ihn sind die Folgen der Pandemie ganz klar ersichtlich- jeden Tag. Deshalb hat sich der 39-Jährige entschieden, sich zusätzlich zum Hauptjob selbstständig zu machen: als Familienhelfer.

Streetworker Dave- jetzt auch Familienhelfer

Corona hat Spuren hinterlassen. Während der verschiedenen Lockdownphasen fällt Daves Kontakt zu den Kindern im Jugendtreff und auf der Straße komplett weg. Als er die Kids Wochen später wieder sieht, sind einige von ihnen verändert. “Corona isoliert die Menschen. Einige der Kinder sind mittlerweile psychisch wirklich labil und damit steigt die Gewaltbereitschaft. Das Problem ist: Ämter können nur helfen, wenn man sie lässt.”

David Raffalt

Dave fällt eine Entscheidung. Er möchte noch näher an die Menschen rücken, die Hilfe brauchen und bietet deshalb seit Anfang des Jahres seine Dienste als selbstständiger Familienhelfer an. Die Einsatzfelder sind dabei genauso unterschiedlich wie die Familien selbst: so ist er als Alltagsbegleitung für Senioren genauso buchbar wie als Mediator zwischen Eltern und Kindern. Das Kind schaut zuviel aufs Handy, die Eltern sind ratlos? Dave hat die Erfahrung gemacht, dass Kinder die Hilfe und den Rat von Außen viel eher annehmen als den der eigenen Erzeuger. 😉 Und genau das ist es, was Dave reizt: die vielen Facetten des Berufsbildes Familienhelfer.

“Bei dem einen Klienten geht es um das Ausfüllen von Hartz4 Anträgen, beim nächsten um Unterstützung beim Einkaufen und Gartenarbeit. Ich bin da, wenn mich die Menschen brauchen- egal wie alt, egal welches Geschlecht. Es gibt alleinerziehende Mütter, die nicht mehr an ihre Kinder herankommen, weil sie neben der Berufstätigkeit keine Zeit oder Energie haben und eine Vaterfigur fehlt. Diese Menschen tun sich sehr viel leichter damit, mich anzurufen, als das Jugendamt.”

Lieber zum Familienhelfer als zum Jugendamt

Denn da, so erzählt Dave, gäbe es immer noch eine große Hemmschwelle. Viele Familien befürchten, in Verruf zu geraten oder ihre Kinder zu verlieren. Eine Befürchtung, die übrigens in 99% aller Fälle jeder Grundlage entbehrt.

Ein Erstgespräch bei Dave kostet 29 Euro. So hofft er, dass sich auch einkommensschwache Familien trauen, Kontakt aufzunehmen. Außerdem ist Dave auch in den sozialen Netzwerken sehr aktiv.

“Aus den letzten Jahren als Streetworker weiß ich, dass gerade Jugendliche den Einstieg über ein Portal wie Instagram sehr schätzen. Dort kann man einfach mal vorbeischauen und unverbindliche Fragen stellen- eine Email oder gar ein Anruf fällt da vielen schon schwerer.”

Und was würde sich Dave wünschen, für die Zukunft?

“Ich wünsche mir mehr Platz für Kinder und Jugendliche. Im Bewusstsein der Menschen aber auch tatsächlich im Außen: wir brauchen mehr Spiel- oder Skateplätze. Wir brauchen mehr Jugendzentren und Notschlafplätze! Die gesamte Streetwork sollte ausgebaut werden, vor allem in ländlichen Gebieten. Und gerade jetzt in der Pandemie, wo Eltern oft an ihre eigenen Grenzen stoßen.”

Mehr Infos zu Dave und seiner Arbeit findet Ihr hier auf der Homepage: Familycare Raffalt – Familienhilfe für die (oberbayerischen) Landkreise Schrobenhausen, Pfaffenhofen, Aichach und Ingolstadt.

Hier geht’s zu Daves Facebook und Instagram Account.