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Binge Eating: Mein Weg aus der Essstörung

Gastbeitrag- Heute geht um das Thema “Binge Eating”. Laut Wikipedia kommt es dabei “zu periodischen Heißhungeranfällen mit Verlust der bewussten Kontrolle über das Essverhalten. Im Gegensatz zur Bulimie werden anschließend keine Gegenmaßnahmen unternommen, so dass längerfristig meist Übergewicht die Folge ist.” Verfasserin des Artikels ist hey sister Leserin Christina (24) aus München.

4 Jahre Binge Eating

“Die Probleme begannen Ende 2013. Bis dahin war ich ein ganz normales Mädel, das sich über Kalorien etc. wenig Gedanken gemacht hat. Ich hab mal mehr, mal weniger gegessen und dementsprechend auch mal ein paar Kilo mehr oder weniger auf der Waage. Die Probleme begannen, als mein damaliger Chef sagte, ich könnte doch ein bisschen abnehmen. Zeitgleich ging meine erste Beziehung in die Brüche und ich zweifelte an mir. Mithilfe eines Fitnessprogrammes nahm ich innerhalb von zehn Wochen zehn Kilo ab (von knapp 70 auf 59 Kilo, bei einer Größe von 1,85m). Nach diesen zehn Wochen ist dann ein sogenannter Cheatday erlaubt, an dem man sich alles gönnt, auf das man die letzten zehn Wochen verzichtet hat. Der Cheatday wird dann weiter einmal pro Woche durchgezogen. Man isst also die ganze Woche im Defizit, um sich dann am Sonntag so richtig voll zu stopfen.

Vom Cheatday zum Binge Eating

Bei mir ging das ein knappes Jahr gut. Ich lebte für den Sonntag. Am Montag litt ich dann unter Bauchschmerzen und Sodbrennen, und ich führte mit Glaubersalz alles ab, was ich zuvor in mich gestopft hatte. Und trotzdem war ich bis zum nächsten Sonntag wieder soweit, sinnlos bis zu 10.000 Kalorien zu essen. Irgendwann ging die Rechnung nicht mehr auf. Ich hatte Liebeskummer und war für eine längere Zeit krank. Aus einem Cheatday wurden auf einmal fünf pro Woche. Aus sechs mal Sport die Woche wurde gar kein Sport mehr und ich fraß mir innerhalb kürzester Zeit knappe 30 Kilo an. Das hieß für mich: DIÄT!

Also: zwei Wochen nur wenig essen. Dann schlug es wieder ins Gegenteil um, ich setzte mich ins Auto und fuhr mitten in der Nacht zur Tankstellte. Zwei Becher Eis, 3 Tafeln Schokolade, 1 Tüte Chips- her damit. Ich verarbeitete einfach alle meine Gefühle mit Fressen. Das zog sich fast zwei Jahre so. Ein echter Teufelskreis. Meine Freund:innen, Familie, alle sahen, dass ich unglücklich war. Keiner konnte mir helfen. Meine beste Freundin brachte mich schließlich dazu, eine Therapie anzufangen.

Raus aus dem Binge Eating: Therapie

Im März 2016 habe ich dann meine Verhaltenstherapie gestartet, die ich im Sommer 2017 beendet habe. Die Essattacken wurden weniger, ich habe gelernt meine Gefühle und meinen Kummer anders zu verarbeiten. Ich habe angefangen, regelmäßig (aber nicht zwanghaft) zum Sport zu gehen. Ich gönne mir bewusst auch Süßes oder Alkohol. Ich gehe wieder raus und verstecke mich endlich nicht mehr. Ich habe gelernt, allein zu sein. Und vor allem habe ich gelernt, mich so anzunehmen, wie ich bin.

Ich möchte nicht mehr so hart zu mir selbst zu sein. Gewichtsmäßig bin ich jetzt irgendwo in der Mitte der beiden Extreme, gehe aber nicht mehr oft auf die Waage. Ich bin so froh, von diesem einsamen Fressen weg zu sein. Das Leben ist viel zu schön. Und wir haben nur das eine.

Danke Christina!!

Binge Eating betrifft in Deutschland schätzungsweise 1,5 bis zwei Millionen Menschen und ist damit weiter verbreitet als zum Beispiel Bulimie (Quelle: Wikipedia). Ein Weg aus der Krankheit ist definitiv eine Therapie. Auch die Konsultation einer Ernährungsberater:in ist für viele Betroffene eine Möglichkeit, neues Verhalten zu lernen. Viele Menschen versuchen dann, mit dem Intuitiven Essen zurück zur Normalität zu finden- für mich der einzig wahre Weg.