Menu

Ich war Deine Rose. Über eine vergangene Liebe

Ich war Deine Rose. Du fandest mich durch Zufall, fandest mich jung, schön, faszinierend. Du wolltest mich haben und so hast du mich herausgerissen. Obwohl schon einige Vasen mit welken Blumen in deinem Apartment standen, hast Du mich angebetet.

Ich war Deine Rose.

Doch mit der Zeit veränderte ich mich. Ich fühlte mich nicht wohl in dieser Vase, wollte mal mehr Wasser, mal weniger. Dann war es mir zu dunkel oder zu hell. Das war Dir zuviel. Du wolltest einfach wieder die schöne Blume.
Aber Du konntest Dich gar nicht erinnern, wo Du sie gepflückt hattest.
Deshalb hörtest Du auf, mich zu beachten. Ab und zu sahst Du mich noch an, hast versucht, mir neues Wasser zu geben. Stelltest mich in die andere Ecke des Zimmers.
Aber die erste Blüte, sie kam nicht zurück.

Ich war Deine Rose.

Und mit jedem Tag wurde das Wasser weniger.
Irgendwann schenktest Du kein frisches mehr nach. Dir wurde es egal, was mit mir passierte.
Und ich ging ein. Jeden Tag ein bisschen mehr.

rosafarbene rose auf schwarzem grund

Bis sich eines Tages jemand zu uns verirrte. Mich ansah. Ich wusste selbst nicht, warum. Schön war ich nicht mehr. Ich wusste auch nicht, ob ich jemals würde wieder blühen können.
Aber er hatte Geduld.

Er brachte mich in seinen Garten und pflanzte mich vorsichtig ein. Der Fremde wurde zum Freund und gab mir Sonne, Schatten und bestes Wasser. Er probierte verschiedene Böden aus und er sprach jeden Tag mit mir.

Ich erblühte wieder.

Dafür hasst Du mich heute noch. Wirst Du nie verstehen, dass Du mich fast hast vertrocknen lassen?

Ich blühe weiter. Ohne Dich.
Und das Gute ist: ich vergesse die Phasen der Trockenheit, der Überflutung, der vielen Schatten und des grellen Lichts. Weil ich gepflegt werde und mich entfalten darf. Selbst meine Dornen dürfen wachsen.

Ich werde geliebt, nicht für meine Schönheit und mein Gehorsam, in der Vase gut auszusehen.
Sondern weil er sehen will, wie ich mich entwickle. Wie die Blüte ist, im Frühjahr. Wie ich verwelke und alte Blüten abwerfe, im Winter.
Er ist an meiner Seite.

Ich bin seine Rose.

Er ist da, mit Dünger, mit Liebe. Mit einem Schirm, wenn es zuviel regnet, mit einem Schutz gegen pralle Sonne. Ich bin so froh, dass er mich mitgenommen hat, bevor es zu spät war.
Leb wohl. Deine Rose.