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22 Wochen Warten: der lange Weg zur Therapie

Stell Dir vor, Du brichst Dir das Bein. Du hast schlimme Schmerzen und rettest Dich irgendwie zur nächsten Hausarztpraxis. Du kommst bis zum Behandlungszimmer- doch dann sagt Dir der Arzt: “Das tut mir sehr leid. Aber das Bein können wir erst in ungefähr fünf Monaten behandeln.” Du würdest ausflippen, oder?! Zu Recht. Und Gott sei Dank ist dieses Szenario auch nur erfunden. Doch genau diese Wartezeit, nämlich 22 Wochen, ist für Menschen, die dringend eine Psychotherapie brauchen, momentan die Regel. Die mentale Gesundheit wird in Deutschland immer noch absolut stiefmütterlich behandelt- und deswegen muss sich dringend etwas ändern. Die Petition 22 Wochen Warten möchte, dass die Bundesregierung endlich Lösungsvorschläge auf den Weg bringt.

22 Wochen Warten

Initiatorin der Petition ist die Deutsche DepressionsLiga e.V., eine bundesweit aktive Patientenvertretung für an Depressionen erkrankte Menschen. Der stellvertretende Vorsitzende Armin Rösl schreibt in seinem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und die stellv. Vorsitzende des Gesundheitsausschusses Kirsten Kappert-Gonther: 

“Ich fordere eine schnelle Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung, um Wartezeiten deutlich zu reduzieren. Ich fordere, dass die Bundesregierung ihre auf Seite 86 im Koalitionsvertrag zusammengefassten Themen zur ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung schnell und konsequent umsetzt. Und nicht Wochen, Monate oder sogar Jahre verstreichen lässt.”

Armin Rösl, Deutsche Depressionsliga

Denn Warten heißt für viele Menschen schlicht: eine Verschlechterung ihres Zustandes. Ich selbst habe in meinem Leben bisher zweimal auf Therapie gewartet: einmal drei Monate (war ok) und einmal 13 Monate (eine absolute Katastrophe). Und ja, das Warten, das sich über ein Jahr gezogen hat, war letzten Endes auch zu lang- und ich musste in eine Klinik. Ein Leidensweg, den so niemand braucht.

Gründe für Wartezeit

Aber warum ist es eigentlich so schwierig, einen Therapieplatz zu finden? Das hat mehrere Gründe: einmal steigt die Zahl der Menschen, die Hilfe brauchen. Das liegt einerseits an Corona, andererseits an der Entstigmatisierung von psychischen Krankheiten. Sprich: endlich trauen sich Menschen, sich Hilfe zu holen. Wie tragisch ist es, wenn sich Menschen nach Jahren überwinden, sich Hilfe zu holen bei Depression, Angst und Co- und dann keinen Platz bekommen bzw. monatelang warten müssen?! Denn im Gegensatz zu den steigenden Zahlen bei den Therapiesuchenden hat sich die Zahl der Kassensitze von Therapeut:innen nicht erhöht. Das kann sie auch gar nicht, denn diese Zahl wurde vor mehr als 20 Jahren, nämlich 1999, festgelegt. Eine unmögliche und keinesfalls zeitgemäße Regelung, die grundsätzlich überarbeitet gehört.  Wer sich noch tiefer einlesen möchte, dem kann ich einen Artikel des SWR zum Thema fehlende Therapieplätze empfehlen.

Therapie kann Leben retten

Petition unterzeichnen

Fakt ist: die neue Ampel-Regierung muss zu Potte kommen, denn jeder einzelne Tag Warten ist ein Tag zu viel! Mehr Infos zur Petition findet Ihr unter 22WochenWarten.de. Dort gibt es auch ein digitales Wartezimmer, wo Betroffene über ihre Erfahrungen mit Warten auf einen Psychotherapieplatz erzählen.

Unterzeichnen könnt Ihr die wichtige Petition “22 Wochen Warten” bei Change.org noch bis 10. Oktober, dem Tag der seelischen Gesundheit. Bisher haben rund 52 Tausend Menschen unterschrieben.

Auch auf der Seite Therapieplätze Jetzt könnt Ihr von Euren Erfahrungen berichten. Dort setzen sich Fachexpert:innen, Betroffene und Verbände sowie Vereine gemeinsam für eine bedarfsgerechte psychotherapeutische Versorgung in Deutschland ein. Die genauen Forderungen könnt Ihr hier nachlesen.

Mehr Therapieplätze- für eine bessere Zukunft!

Egal ob Verein, Initiative, Petition oder Kampagne: wichtig ist es, möglichst viele Betroffene sichtbar zu machen. Es kann sich nur etwas ändern, wenn IHR – wenn WIR!- alle zusammen laut werden, unsere Meinung sagen und versuchen Missstände aktiv zu verändern.

Danke für Eure Stimme.