Menu

Münchner G’schichten: kleine Filme mit großem Herz

Heute darf ich Euch gleich zwei bezaubernde Frauen vorstellen: Vanessa Weber von Schmoller und Olivia Hagemann. Die beiden machen Filme- und zwar mit ganz viel Herzblut. 2017 haben sie ihr gemeinsames Baby, die „Münchner G’schichten” gegründet. In dem Videoblog zeigen sie Kurz-Dokus über spannende Persönlichkeiten aus der bayerischen Landeshauptstadt. Beide Frauen kommen (natürlich!) aus München und haben jeweils zwei Kinder.

Münchner G’schichten

Vanessa (41)  & Olivia (46)

Ihr seid beide voll ins Familienleben eingebunden- und mit aller Leidenschaft am Drehen. Erzählt uns doch zu Beginn etwas über Euren beruflichen Werdegang.

Vanessa: Ich habe als Kind bei Tele5 moderiert, in der Kindersendung Bim Bam Bino. Man könnte sagen, da hat meine Faszination für Film und Fernsehen begonnen. Nach dem Studium habe ich dann viel ausprobiert. Ich habe bei verschiedenen Magazinen gejobbt, Marketing & PR gemacht und bei einem Helmut Dietl Spielfilm ein Praktikum gemacht. Das waren alles ganz wertvolle Stationen und Erfahrungen, aber mir war schnell klar, dass ich beim Fernsehen Reportagen und Dokumentationen machen wollte. So habe ich dann für verschiedene TV Formate gearbeitet, unter anderem für Galileo von Pro7.

Olivia: Gestartet bin ich nach meinem Studium der Theaterwissenschaft beim Spielfilm, habe dort als Script Continuity das Filmhandwerk gelernt. Ein sehr harter Job, der mich echt an meine Grenzen gebracht hat. Dann habe ich meine Leidenschaft für den Dokumentarfilm entdeckt und habe meinen ersten Film in Paris gedreht: ein Porträt über einen Modemacher. Dann habe ich lange für das Fernsehen gearbeitet und mich später dann mit meiner Produktionsfirma “Solitaire Film” selbständig gemacht, mit Imagefilmen.

Was ist das Schöne an Euer Arbeit?

Vanessa: Dass ich immer wieder eine ganz neue Welt kennenlernen darf. Jedes Thema, das ich porträtiert habe und jeder Mensch, der mir ein Interview gegeben hat, hat mich ein Stück weit in eine andere Welt eintauchen lassen. Hat mir eine neue Perspektive eröffnet. Und ja – natürlich sind diese Geschichten nicht immer fröhlich, viele Lebenswege sind von vielen Krisen gepflastert, aber das macht sie erst so reich und so interessant für mich. Ich finde es unglaublich, wie Menschen die Kraft aufbringen durch ihre Krisen zu gehen und am Ende daran wachsen. Das inspiriert mich sehr.

Olivia: Ja, es wird nie langweilig. Es ist immer wieder spannend und eine Herausforderung, sich auf neue Themen, Menschen und Situationen einzulassen. Da ich selbst von Natur aus neugierig und sehr vielseitig interessiert bin, gibt es für mich nichts Schöneres als in die Lebenswelten anderer Menschen einzutauchen und zu versuchen, ihre Geschichte zu verstehen und dabei bestmöglich filmisch umzusetzen.

Foto: Amelie Tegtmeyer

Und was nervt?

Vanessa: Zu wenig Zeit zu haben für meine Arbeit, weil ich auch meinen beiden Töchtern (4 und 9 Jahre alt) gerecht werden möchte und deshalb oft in einem inneren Zwiespalt lebe. Morgens Filmemacherin, nachmittags Mama. Beides mache ich zu 100%, aber der Wechsel von einer Rolle in die andere ist schon oft hart. Weil du bei beidem sehr präsent und achtsam sein musst. Oft werde ich gefühlt nicht fertig mit meiner Arbeit, wenn ich meine Kinder abhole und dann fühle ich mich irgendwie selbst „un-fertig“. Das stört mich dann, weil ich eigentlich sofort bei meinen Töchtern ankommen möchte und das geht manchmal nicht so schnell. Aber ich werde immer besser im Loslassen.

Olivia: Was mich nervt, ist, dass es nicht immer gelingt, die eigenen Herzensprojekte zu finanzieren und zu realisieren. Das ist leider wie in den meisten kreativen Branchen, es kostet viel Geld und man braucht einen langen Atem. Und auch bei mir ist der der Spagat zwischen Beruf und Familie eine Herausforderung. Meine Töchter sind 6 und 9 Jahre alt. Gerade das Filmemachen braucht viel Zeit und ist nicht immer mit Schul- und Kitazeiten vereinbar. Da muss man viel organisieren, damit das alles machbar wird. Aber das sind ja alles Phasen- die Kinder werden älter und damit wird’s auch einfacher.

Home Office oder Büro?

Vanessa: Homeoffice und Café Büro. Olivia und ich lieben es, uns im Café zu treffen und dort zu brainstormen. Neue Orte regen unsere Kreativität an und außerdem lieben wir guten Kaffee.

Olivia: Das stimmt! Wir arbeiten gern im Café oder auch mal per Skype von daheim aus. Ich habe zudem ein Büro im Glockenbachviertel, wo ich hingehe, wenn ich konzentriert an einer Sache arbeiten will oder wenn ich mit Vanessa unsere Filme schneide.

Woher holt Ihr Eure Inspiration?

Vanessa: Die Themen für die Münchner G’schichten begegnen uns überall. Beim Abendessen mit Freunden, auf dem Rad, auf einer Veranstaltung, auf unseren Social Media Kanälen, durch Tipps von unserer Community, in einem guten Buch… Ich glaube, es gibt unendlich viele Kanäle, wenn man offen ist dafür.

Olivia: So ist es! Ich liebe es, Neues zu entdecken, Menschen kennen zu lernen und zu reisen, da ziehe ich sehr viel Inspiration und neue Ideen raus. Ich lasse mich aber auch von Filmen, Büchern oder Zeitungen inspirieren und von meinem Alltag. Grundsätzlich gibt es immer etwas zu entdecken, sogar sehr häufig, wenn ich im Netz unterwegs bin.

Habt Ihr Vorbilder?

Vanessa: Das ist eine gute Frage, ich glaube nicht direkt. Ich bin immer wieder von Menschen beeindruckt, wie sie ihr Leben meistern und wie positiv sie bleiben, trotz ihrer Schicksalsschläge. Der Umgang mit den Dingen, die schwer sind oder waren. Es gibt Menschen, die sind voller Mangel, die sehen ihr Glas immer halb leer. Und dann gibt es Menschen, die lachen über den Konflikt, die sehen das Potential, das in einer vermeintlich negativen Erfahrung steckt und wollen daraus lernen und daran wachsen. Das sind meine Vorbilder.

Olivia: Ich habe auch kein einzelnes Vorbild, aber ich finde Frauen aus der Film- und Kreativbranche toll, die sich treu geblieben sind. Die ihren Weg trotz Hindernissen gegangen sind. Mich interessieren Menschen, die authentisch sind und trotz Krisen oder Schwierigkeiten ihre Träume verwirklicht haben.

Was war Eure größte Hürde beim Gründen?

Beide: Das fehlende Geld. Und das fehlende Netzwerk. Wir mussten sehr viel Zeit, Geld, Kraft und Herzblut in unsere Projekte stecken und dabei extrem kreativ sein, um sichtbar zu werden. Ich finde es auch immer noch schade, dass es nicht viel mehr Vernetzung unter Frauen gibt. Oder Frauen-Teams, so wie Olivia und mich. Sie wachsen und sie kommen, aber nur langsam. Oft sind wir Frauen immer noch Einzelkämpferinnen und das macht es (unnötig) viel schwerer. So ein Dorf voller Freunde wäre manchmal toll, wo sich alle gegenseitig helfen und unterstützen. Aber das ist in einer Großstadt einfach nicht so leicht umzusetzen.

Foto: Romy Schindlbeck

Was ist Euer (berufliches) Ziel?

Beide: Die Münchner G’schichten zu einer spannenden und profitablen Plattform zu machen, die vom Austausch lebt und eine Bereicherung für die Münchner Kulturszene ist. Interessante Portraits über Menschen machen und vor allem dazu beitragen, Frauen weiter zu unterstützen und nach vorne zu bringen. Wir sind da ein gutes Beispiel, wie man als Team viel mehr erreichen kann, als als Einzelkämpferin.

Euer Rat für andere Frauen auf dem Weg in die Selbstständigkeit?

Vanessa: Geht raus! Vernetzt euch! Zeigt euch! Habt keine Angst vor Eurer Größe und Eurer Einzigartigkeit. Seid authentisch und sucht euch gute Partner. Vielleicht auch eine Geschäftspartnerin. Es geht viel leichter zusammen. Männer machen das seit Tausenden von Jahren! Wir können das auch!

Olivia: Ich denke, wir Frauen stehen uns oft selbst im Weg und meinen immer, es müsse erst alles perfekt sein, bevor man loslegen kann. Aber, perfekt wird es nie sein und man verliert wertvolle Zeit. Wenn es kein großes finanzielles Risiko gibt, dann besser nicht lange überlegen und einfach loslegen, sobald man einen Plan hat und dann learning by doing! Daher ist mein Tipp: better done than perfect!

VIELEN DANK FÜR DAS TOLLE INTERVIEW!

UPDATE: Die wunderbare Olivia Hagemann ist im Juni 2019, nur drei Monate nach diesem Interview, überraschend verstorben.

Vanessa führt die Münchner G’schichten seitdem in ihrem Sinne mutig weiter und hat sich ein kleines feines Team gesucht. Gerade arbeiten sie auf Hochtouren an ihrem Kinofilm “Ein Himmel voller Bienen”.