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Cool statt spießig: Ode an den Campingplatz

All die Jahre war er für mich der Inbegriff des Spießertums. Mit Adiletten, Gartenzwergen und Perlenvorhängen. Ja, der Campingplatz hat es nicht leicht: gleich hinter dem Schrebergarten fristet er ein extrem unsexy Dasein… auch in Zeiten von Glamping und Co. Heute kann ich es kaum erwarten, bis wir endlich wieder auf unserem Platz dürfen. Es ist April und das heißt: Die Camping- Saison ist eröffnet!

Mein Campingplatz

Wer den Campingplatz verstehen will, muss dort gewesen sein… an einem Samstag Vormittag. Erstmal ankommen. Mit 20 kmH auf den Platz rollen und die anderen Camper winkend begrüßen, ist beim ersten Mal noch komisch. Das legt sich.


Dann geht’s zum Kiosk, die Lage checken, ein kühles Bier mit den Anderen trinken (geht, ist schließlich schon 10:30 Uhr, fast Mittach!). Meine Tochter schnappt sich ihren Roller und schaut, wer da ist. Sie hat alle Freiheiten, denn hier achtet Jeder auf Jeden- im positivsten Sinn. Und: hier sind alle gleich, egal ob Ärztin oder Kassiererin, Bankdirektor oder Pensionär, ITler oder Beamter. Hier gibt es keine Statussymbole oder Dresscodes, jeder ist entspannt und nur zu einem Zweck hier: noch mehr zu entspannen. Während ich den Wohnwagen vorbereite, lüfte und die Betten überziehe, gießt meine bessere Hälfte den Garten. Dann bereiten wir alles vor zum Grillen.


Mittagspause auf dem Campingplatz

Nach einem kurzen Verdauungsschläfchen gehen wir schwimmen am See, dafür müssen wir nur 50 m geradeaus. Bleiben auf dem Rückweg bei einem älteren Ehepaar stehen, das zusammen alte bayerische Lieder singt und sich mit Gitarre und Ziehharmonika begleitet. Ich verspüre dabei ein merkwürdiges Ziehen in der Magengegend. Es ist die Erinnerung an längst vergangene Zeiten und ein Gefühl von Geborgenheit und Unbeschwertheit. Ein Gefühl aus meiner Kindheit. Ich liebe es.

Ein Gefühl von Heimat

Zurück am Wohnwagen wird mein Freund zum Handwerker, krempelt die Ärmel hoch und macht irgendetwas brutal Anstrengendes. Dafür lieb ich ihn noch mehr, vor allem, weil wir beide wissen, dass er es eigentlich nicht kann. Aber dann klappt es doch und wir sind stolz und glücklich. Wir suchen Federn mit der Kleinen, kuscheln, küssen nasse Haut und riechen an sonnengebleichten Haaren. Es gibt Butterkekse und Limo und die Vögel zwitschern. Abends sitze ich bei der Witwe von nebenan, die Besuch hat von einem anderen Camper. Er war Pilze sammeln und erklärt uns eine halbe Stunde lang alles, was er dazu weiß. Wo sie wachsen und warum und wie man sie zubereitet und wie man es auf keinen Fall! machen darf. Wieder halte ich inne und betrachte die Situation von außen. Wieder fühl ich mich so geborgen. Für dieses Gefühl feiere ich ihn… meinen Campingplatz.

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